Besuch Sommaruga
29.01.2016
Simonetta
Sommaruga in Diessenhofen
Am
Freitag empfing der Diessenhofer Privat-Fernsehsender TeleD zum vierten Mal
Bundesrätin Simonetta Sommaruga. Mario Testa, Redaktor der Thurgauer Zeitung, sprach
mit ihr über die Durchsetzungsinitiative der SVP. Sie kommtam 28. Februar zur
Abstimmung.
„Frau Bundesrat, macht Ihnen
die Durchsetzungs-Initiative Bauchweh?“ fragte Testa. Bauchweh sei nicht das
richtige Wort, antwortete Sommaruga, sie mache sich Sorgen. „Die Initiative ist
unmenschlich, besonders für Secondos“ sagte sie. Diese in der Schweiz geborenen
Kinder von Migranten würden auch bei kleinen Vergehen ausgeschafft und damit
bedeutend strenger bestraft als ihre Altersgenossen mit Schweizer Pass.
Das
erklärte sie am Beispiel einiger Jugendlicher, die ausgelassen feiern und dabei
eine Straftat begehen, zum Beispiel den Klau einer Flasche Wein. Alle werden bestraft.
Zusätzlich wird derjenige, der keinen Schweizer Pass besitzt, ausgewiesen.
Unmenschlich wäre auch, wenn eine Familie als Folge einer Bagatelle ohne
Ehemann und Vater dastünde, sagte Sommaruga.Auf die Frage, wie weit wir heute
mit der Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative seien, antwortete Sommaruga, der
Bundesrat habe ein Gesetz vorgeschlagen.
Dieses sei vom Parlament beraten und
verabschiedet worden und erfülle die Bestimmungen der Ausschaffungs-Initiative.
Schwer Kriminelle würden nach dem neuen Gesetz ausgeschafft. „Do gits kei
Birre“ betonte sie.Testa zitierte die SVP, welche behauptet, mit der Initiative
würde das Land sicherer. „Siebzig Prozent der verurteilten Ausländer haben in
der Schweiz kein Aufenthaltsrecht“ erklärte sie. Diese werden unabhängig vom
Ausgang der Abstimmung ausgeschafft.
Auf die Frage, ob Ausschaffungen einfach
zu bewerkstelligen seien, antwortete Sommaruga, das sei nicht immer der Fall.
„Es gibt Länder, in die nicht ausgeschafft werden kann. Daran würde auch die
Durchsetzungs-Initiative nichts ändern“, sagte sie.
Frau Sommaruga argumentierte
klar und ohne überflüssige Floskeln.Sie wiederlegte die Argumente der SVP
engagiert, ohne dabei in Polemik zu verfallen. Sie zeigte auch Verständnis für
Stimmbürger, welche der Initiative zustimmen. „Wer sich mit dem Thema nicht
befasst, entscheidet emotional“, sagte sie.
Im
Bundesrat seit 2010
Sommaruga (SP) trat 2010 die
Nachfolge von Moritz Leuenberger im Bundesrat an. Sie steht dem Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) vor. Im vergangenen Jahr war sie
Bundespräsidentin.
TeleD zeichnete den
Studio-Besuch von Frau Sommaruga auf. Im Rahmen einer täglichen Sendung zu den
Abstimmungen vom 28. Februar wird er jeweils abends ausgestrahlt. Sendezeiten
siehe
www.tele-d.ch.
Die
Durchsetzungs-Initiative
Die Eidgenössische Volksinitiative
„Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer“wurde am 28.12.2012
durch die SVP eingereicht. Sie beabsichtigt, die Umsetzung der im November 2010
angenommenen Ausschaffungs-Initiative zu erzwingen. Die Ausschaffung von
verurteilen Straftätern wäre zwingend, unabhängig von der Höhe der Strafe. Die
Initiative bezieht sich auf alle Einwohner der Schweiz, die keinen
Schweizerpass haben. Das waren 2014 gemäss Bundesamt für Statistik rund zwei
Millionen Menschen, davon 66 Prozent aus EU-Staaten.
Die SVP wirbt für ihr
Anliegen mit dem Slogan „Endlich Sicherheit schaffen!“. Bundesbern müsse den
Volkswillen respektieren. Sie behauptet, dass die Umsetzung der im November
2010 vom Volk angenommenen Ausschaffungs-Initiative verzögert und verwässert
werde und verweist dabei auf die „Härtefall-Klausel“. Diese gibt Richtern die
Möglichkeit, in Einzelfällen die Ausschaffung zu verhindern.
Gegner der Initiative sind
der Bundesrat und praktisch alle Parteien links von der SVP. Sie argumentieren,
dass bei einer Annahme am 28. Februar die Gerichte keine Möglichkeit mehr
hätten, in Einzelfällen ein angemessenes Urteil zu fällen und dass die Schweiz
gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU verstossen würde.
Dieter Ritter (dr)
© Text und Fotos von Dieter Ritter
Mario Testa, Redaktor der Thurgauer Zeitung, befragte Bundesrätin Simonetta
Somaruga zur Durchsetzungs-Initiative.
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